Amelie
Mein Leben mit CHARGE
An einem verregneten Frühlingstag wurde ich 2004 zusammen mit meinem Zwillingsbruder geboren. Mama und Papa erzählten mir später, dass sie schon vor der Geburt Angst gehabt hatten, dass mit mir etwas nicht stimmt, weil ich einen Herzfehler hatte und Mama wahnsinnig viel Fruchtwasser hatte. Deshalb wurden wir per Kaiserschnitt geboren.
Durch meine Fazialisparese und mein anders geformtes rechtes Ohr sahen Mama und Papa sofort, dass ich nicht gesund war. Jetzt trage ich lange Haare und mein Gesicht ist viel schöner geworden.
Gleich an meinem zweiten Lebenstag wurde ich an der Speiseröhre operiert. Danach hatte ich lange Probleme mit dem Trinken. Mama und Papa mussten viele Stunden mit einem besonderen Sauger mit mir üben, damit ich einen Teil meiner Milch selbst trinken konnte. Für den Rest der Nahrung wurde mir mit 3 Wochen eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) gelegt. Jetzt konnte ich endlich ein bisschen wachsen und zunehmen. Leider war auch mein rechtes Nasenloch zugewachsen. Das wurde mit 12 Monaten geöffnet. Hierfür musste ich 11 Tage schlafen, damit ich mir den Schlauch nicht aus der Nase ziehen konnte.
Da ich mich nicht so gut bewegen konnte wie andere Kleinkinder, übte Mama mit mir jeden Tag auf einem speziellen Lagerungskeil. Als ich dann mit 1,5 Jahren endlich stehen konnte, fand ich das super. Alleine laufen konnte ich allerdings erst mit 4 Jahren. Seitdem trage ich einen Schutzhelm, damit mein Cochlea-Implantat nicht kaputtgeht, wenn ich mich irgendwo anstoße oder hinfalle. Das wurde mir mit 2 Jahren eingesetzt und seitdem höre ich viel besser, als mit dem Hörgerät alleine. Als ich klein war, musste ich 11 Operationen und 14 Narkosen überstehen. Gott sei Dank erinnere ich mich nicht mehr an diese Zeit.
Auch jetzt habe ich noch viele Arzttermine, was mich ganz schön nervt. Ich muss zur Endokrinologin, weil ich Wachstumshormone brauche und jetzt auch noch Östrogene, damit ich, wie meine Freundinnen, in die Pubertät komme. Dann muss ich zur Kinderneurologin, weil ich seit 2012 leider noch eine Epilepsie bekommen habe, die mich sehr in meiner Selbständigkeit einschränkt. Immer muss jemand auf mich aufpassen. Das nervt. Gerne würde ich alleine mit meinen Freundinnen shoppen oder ins Kino gehen oder einfach mal woanders übernachten oder an einer Schulfreizeit teilnehmen. Aber das geht wegen der Anfälle leider nicht.
Außerdem muss ich ab und zu zur Herzkontrolle und alle zwei Monate zum Hals-NasenOhrenarzt, denn meine engen Gehörgänge müssen sauber gehalten werden. Mich stört es auch sehr, dass meine operierte Nase ständig läuft. Ich muss mich dauernd schnäuzen, sonst schaue ich aus wie eine kleine Rotznase. Zum Hörgeräteakustiker und zur CI-Kontrolle (Cochlea-Implantat) muss ich natürlich auch noch und so haben wir fast jede Woche einen Termin, was ich nicht so schön finde.
Gott sei Dank gehe ich in eine tolle Schule, die viele behinderte Kinder besuchen. Dort ist der Unterricht auf uns abgestimmt und wir können auch alle Therapien während der Schulzeit bekommen. Nachmittags besuche ich eine heilpädagogische Tagesstätte, die auch in unserer Schule ist. Dann fährt mich der Bus nach Hause. Freitags gehe ich dann noch in den Sportverein bei uns am Ort. Dort turnen wir mit einem Vertikaltuch, das von der Decke baumelt. Das macht mir großen Spaß. In meiner Freizeit whatsappe ich am liebsten mit meinen Freundinnen oder fahre draußen Kettcar, Roller oder Fahrrad. Auch Trampolinspringen gefällt mir gut. Besonders freue ich mich, wenn Ferien sind. Dann fahren wir ab und zu in den Urlaub zum Skifahren oder Radeln. Wandern mag ich nicht mehr so gerne, aber wenn ich dann nachmittags noch in den Pool darf, lasse ich mich auch zum Laufen überreden, denn Schwimmen und Tauchen ist meine große Leidenschaft.