Jonas

Flagge Deutschland

Als ich Jonas vor sieben Jahren im Alter von 7 kennenlernte, hatte ich bis dahin noch keine Erfahrung im Umgang mit Kindern mit CHARGE-Syndrom beziehungsweise Kindern mit schwerer Seh- und Höreinschränkung. Ich komme aus dem Bereich der Erwachsenenpflege und habe davor mehrere Jahre sowohl im stationären als auch im ambulanten Pflegedienst Erfahrungen gesammelt. Da ich selbst Mutter von zwei Kindern bin und mir schon immer die individuelle Förderung und Begleitung von Kindern sehr viel Freude bereitet hat, sah ich mich dieser neuen Herausforderung durchaus gewachsen.

Jonas zur Einschulung mit Schulbegleitung

So begann ich Jonas, in der Mitte seines ersten Schuljahres an einer Förderschule, als medizinische Schulbegleitung wegen seines Tracheostomas, zu unterstützen. Zuerst mussten wir uns aneinander gewöhnen, was erstaunlich schnell und gut funktionierte. Seine sehr fröhliche, kontaktfreudige und unvoreingenommene Wesensart machte es uns beiden leicht. Schnell konnte ich mich auch auf seine immer wiederkehrenden Verhaltensweisen einstellen und auf ruhige und konsequente Art reagieren.

Zu meinen Aufgaben gehört, dass Jonas den Schulalltag mit allen Herausforderungen bewältigen kann. Ich sitze im Unterricht neben Jonas und unterstütze ihn bei den Unterrichtsabläufen, passe Lerninhalte auf ihn an und übernehme organisatorische Aufgaben für ihn. Oft verarbeitet Jonas schwierige Situationen im Schulalltag durch Zurückziehen an einen geschützten Ort oder Verweigerung seiner Aufgaben. Jonas hat wie jedes andere Kind das Bedürfnis dazuzugehören und Aufmerksamkeit zu bekommen. Seine Art verbal und nonverbal mit anderen zu kommunizieren wird jedoch teilweise nicht immer verstanden. Je nach Problemstellung bespreche ich mit Jonas in einfacher und verständlicher Sprache die Situation und erkläre ihm dabei die möglichen Folgen seines Handelns. Beispielsweise erkläre ich ihm ausführlich, wie sein Verhalten auf andere wirkt. Ich muss sagen, dass Jonas sich eigentlich immer durch Ermutigung und Lob zum Weiterarbeiten motivieren lässt oder sich sehr einsichtig, freundlich und lieb zeigt.

Für Jonas bin ich oft wie ein Sprachrohr zu seinen Mitschülern. Ich versuche für seine Anliegen einzutreten und gegenseitige Verständigung zu ermöglichen. Dabei leite ich Jonas an, wie er selbständig ähnliche Situationen meistern kann.

Die individuelle Förderung von Jonas in den einzelnen Unterrichtsfächern bespreche ich mit den jeweiligen Lehrern und versuche sie dabei zu unterstützen.

Da Jonas sich mit einfacher Sprache gut ausdrücken kann und mit Hilfe von Hörgeräten auch relativ gut hören kann, besteht für mich die Möglichkeit, mit ihm viel über die Schule und sämtliche Situationen zu sprechen. Das braucht viel Geduld, da er immer wieder die gleichen Fragen stellt, vieles immer wieder hören möchte und Veränderungen seines gewohnten Ablaufs gerne immer wieder erklärt bekommen möchte.

Durch seine Seheinschränkung braucht Jonas in der Schule teilweise besondere Hilfsmittel, wie zum Beispiel einen Vergrößerungsbildschirm, Arbeitsblätter mit großer Schrift oder spezielle Materialien für den Unterricht.

Es braucht Rücksichtnahme, da das Sehen und Erkennen für ihn teilweise sehr anstrengend ist und er dadurch schneller müde wird. Deshalb ist es notwendig, dass ich die überflüssigen visuellen Reize, zu kleinen Texte und Bilder oder für ihn schlecht sichtbare Dinge anpasse.

Das benötigt ständiges Eingreifen, Anpassen, Vorausdenken und Erkennen seiner Aufnahmefähigkeit, die stark von seiner Verfassung abhängig ist, Jonas ist ein sehr mitfühlender Junge, der auch gerne tröstet.

Es ist ihm sehr wichtig, dass es anderen gut geht. Sobald er das Gefühl hat, dass es mir nicht gut geht, fragt er, was los ist und wir sprechen ausführlich darüber.

Jonas und ich hatten schon immer ein sehr gutes Vertrauensverhältnis und er verlässt sich eigentlich immer auf meine Einschätzung und Führung. Dennoch ermögliche ich ihm verstärkt eigene Entscheidungen zu treffen und sie umzusetzen.

Jonas mit I-Pad

Wenn ich ihn dann lobe und ihm sage, wie stolz ich auf ihn bin, motiviert ihn das sehr.

Ich konnte über die Jahre viel von Jonas und der Arbeit mit ihm lernen. Jonas kann sich über kleine Dinge und Erfolge sehr freuen. Er ist oft sehr geduldig und genügsam. Seine freundliche und heitere Art macht es mir leicht, mich jeden Tag aufs Neue auf ihn zu freuen.

Interview mit Jonas

Ich, bin Jonas Junghans. Ich habe am 21. Mai 2004 Geburtstag. Ich bin jetzt 15 Jahre alt.

Jonas, weißt Du, was das CHARGE-Syndrom ist?

CHARGE-Kinder haben Hörgeräte, weil sie nicht hören können. Und sie haben eine Brille, weil sie nicht sehen können. Und sie haben auch eine Kanüle – aber nicht alle und sie brauchen manchmal Hilfe.

Brauchst Du auch Hilfe?

Ja, aber nur manchmal.

Und wo brauchst Du Hilfe? Z

um Beispiel bei den Hausaufgaben, wenn sie schwer sind. Wenn sie leicht sind, schaffe ich sie alleine. Ich brauche Hilfe beim Kochen und Essen machen. Beim Aufräumen. Und in der Schule.

Mit wie viel Jahren bist Du in die Schule gekommen?

Da war ich 7 Jahre alt.

Und in welche Schule bist Du gekommen?

In die 1. Kasse.

Wie hieß Deine Lehrerin?

Das war die Frau Schönfeld.

Und wie lange bist Du dort gewesen?

Ich glaube, da war ich nur 2 Jahre oder so.

Wie hat es Dir da gefallen?

Gut.

Gab es etwas, was Dir nicht gefallen hat?

Nein, das weiß ich nicht mehr.

Und danach bist Du in welche Schule gekommen?

Danach bin ich in die Grundschule gegangen. Bei der Frau Reitzler. Da war ich 2 Jahre.

Hat Dir da was gut gefallen?

Ja! Da hat mir das Lernen gut gefallen. Und ich war beim Chor – das war schön.

Hat Dir da etwas nicht gefallen?

Nein, da war alles schön.

Und dann bist Du in welche Schule gegangen?

Danach bin ich in die Mittelschule gegangen, zur Frau Herbolsheimer.

Und in welcher Klasse bist Du jetzt?

In der 7. Klasse.

Und gibt es da etwas, was Dir gut gefällt?

Ich glaube, die Schule finde ich schön.

Und gibt es da etwas, was Dir nicht so gut gefällt?

Nein nichts.

Was sind Deine Hobbys?

Mein Lieblingshobby ist Klavier spielen und Gitarre spielen und Radio hören und mit meiner Schwester spielen.

Was kannst Du besonders gut?

Ich kann besonders gut tanzen. Ich kann auch sehr gut kochen. Sonst nichts.

Was kannst Du nicht so gut?

Ich kann alles gut.

Gibt es etwas, was Du nicht magst?

Lesen, weil ich das nicht mag. Weil ich das nicht immer alles verstehe, was ich lese.

Was magst Du besonders gerne?

Ich mag gerne Musik und Radio hören und auch Nachrichten.

Hast Du auch Freunde?

Meine Freundin ist die Alida und meine Schwester Johanna.

Möchtest Du mal mehr Freunde haben?

Ja, ich möchte mehr Freunde haben.

Und was möchtest Du mit den Freunden machen?

Spielen, zusammen essen, und Musik hören und tanzen. Und ich möchte mit ihnen Spaß haben. Und mit ihnen in die Schule gehen.

Hast Du in der Schule einen Freund?

Nein, nicht so.

Magst Du da einen Freund haben?

Nein, nein. Weil ich mich nicht entscheiden kann, wen. Und es ist so schwer und auch anstrengend.

Magst Du lieber einen CHARGE-Freund haben?

Oh ja.

Und hast Du da schon einen?

Ja, da der Christian und die Lavinia.

Was spielst Du gerne?

6 Nimmt, SkipBoo und Stadt, Land, Fluss

Und wenn Du mal groß bist – was magst Du da gerne machen?

Wenn ich mal groß bin, möchte ich gerne Auto fahren. Und auch noch alleine wohnen. Und auch Arbeiten. Beim Arbeiten möchte ich am Computer schreiben und Menschen helfen. Und auch beim Putzen helfen. Und auch beim Aufräumen.

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